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Übermittlung in der Abteilung Genie
In der Frühzeit der funk(en)telegraphischen Kommunikation wurden die Übermittlungsmittel von Einheiten des Genie gestellt und von beim Genie eingeteilten Funkerpersonal bedient. Mit zunehmend einfacherer Bedienbarkeit kamen Funkgeräte zur internen Kommunikation ins Korpsmaterial er verschiedenen Truppengattungen.
Die Kommunikation zwischen den grossen Verbänden mit Funkmaterial höherer Leistung und Reichweite wurde weiterhin von den Funkerpionieren des Genie sichergestellt, bis die Übermittlungstruppen als eigene Truppengattung ausgegliedert wurden.
Im Eidgenössischen Geniebureau resp. der Abteilung für Genie des Eidgen. Militärdepartements waren sämtliche Tätigkeiten zusammengefasst, welche Logistikleistungen zur Unterstützung der Kampftruppen erbrachten. Die Bezeichnung erhielt das Genie von den Ingenieuren, die mit ihrer Ingenieurskunst die kämpfenden Einheiten unterstützten, beispielsweise im Festungsbau und Transportwesen. Im Jahr 1902 werden Kontakte mit der deutschen Reichswehr aufgebaut, um sich über die Fortschritte in der militärischen Nutzung der Funkentelegraphie zu informieren. 1905 wird mit dem Bau von zwei festen Funkenstationen beim Fort Stöckli bei Andermann und Rigi-Scheidegg begonnen.
Mit der Truppenordnung 11 ist die Schaffung einer Funken-Pionierkompanie vorgesehen; 1914 werden die ersten Funken-Pioniere an den beschafften vier Löschfunkenstationen ausgebildet und im Kasernenareal Bern eine feste Funkstation eingerichtet. 1917 wird der Funkenzug der Telegraphen-Pionierkompanie in die Funken-Pionierkompanie übergeführt. Mit der Einführung der Tragbar Schweren Funkstation 18 und der Fahrbar Leichten Funkstation 19 bei der Truppe wird 1920 eine erste selbständige Funker-Rekrutenschule durchgeführt. Aus der Funken-Pionierkompanie entsteht 1925 die Funker-Abteilung.
1938 erreicht der Waffenchef der Flieger-/Flabtruppen die Löslösung seiner Übermittler aus dem Genie. 1944 entsteht aus der Untergattung Verkehrstruppen des Genie die Übermittlungstruppe. 1950 wird von der Bundesversammlung die Löslösung der Übermittlungstruppen vom Genie beschlossen, per 1.1.1951 entstehen die Übermittlungstruppen.
Mit der Truppenordnung 61 werden die bis dahin unabhängigen Telegraphen- und Funkerkompanien der Divisionen in Übermittlungsabteilungen zusammengefasst.
Gerätegenerationen
Der Funkerzug hatte 1914 die zwei auf Löschfunkenbetrieb umgerüsteten Schulstationen und drei tragbare Versuchsstationen als Material für Versuche zur Verfügung.
T.S.(18), F.L.19 und S.M.
Mit dem Röhrensendeempfänger ARS68, später als Tragbar Schwere Funkstation auf den Sender AR245 und den Empfänger Spez7Bs umgerüstet, mit der Fahrbar Leichten Funkstation 19 gelangen Funkgeräte in grösseren Stückzahlen in die Funkerabteilung. Von der Fahrbar Schweren Funkstation kamen vier Stück zur Truppe.
Die im Rahmen der Truppenordnung 24 im Jahr 1925 geschaffene Funker-Abteilung blieb weiterhin der Armeeführung unterstellt und hatte zur Aufgabe, den grossen Verbänden bis hinab zur Brigade Übermittlungsmittel und vor allem bei der Artillerie Empfänger bereit zu stellen. Durch den Fakt, dass die Einheitskommandanten fallweise um die Zuteilung von Funkmitteln ersuchen mussten, und mit dem Einsatz der funktelegraphischen Mittel wenig vertraut waren, blieben die Übermittlungstruppe lange isoliert und konnten ihre Mittel nicht wirkungsvoll zum Einsatz bringen. Mit der Reorganisation in der Truppenordnung 36 versuchte man diese Missstände zu beheben, was aber nicht verhindern konnte, dass es den Flieger-/Flabtruppen 1938 gelang, ihre Übermittlungsmittel herauszulösen, da die Funker-Abteilung nicht in der Lage war, die Übermittlungsbedürfnisse der Flieger mit dem neu aufkommenden Flugfunk zu befriedigen.
Grossstationen, T.L. und Kleinfunkgeräte
1936 wurden mit der A-Station, einer 1.2 kW Flugfunk-Bodenstation, der 3 kW-Langwellenstation G3L und der „Grossmutter“ G1.5K die ersten Grossstationen eingeführt, die in der Folge die Kommunikation innerhalb der grossen Verbände und mittels Rundsprüchen armeeweit sicherstellten.
Die Tragbar Leichte Funkstation (T.L.), eine moderne Telefunkenstation mit Einknopfabstimmung, kam verbreitet bei der Infanterie, als TLA bei der Artillerie und auch bei den Fliegertruppen zum Einsatz, vor allem in der Kommunikation von oben in die Regiments- und Batallionsstäbe. Die legendäre T.L. war das „Workhorse“ der Kurzwellenkommunikation im zweiten Weltkrieg, das Funkgerät wurde als Reservestation noch 25 Jahre nach der Einführungen mitgeführt.
Tornisterfunkgeräte wie die K1- und P5-Station aus dem Hause Zellweger wurden für die taktische Kommunikation innerhalb des Battalionsrahmens verfügbar. Das obsolete Funkmaterial aus den Zwanzigerjahren wurde durch die Zellweger-Funkstation F.L. ersetzt, zuerst noch gezogen, gegen Ende des zweiten Weltkriegs bereits in kleinen Zahlen in Fahrzeuge eingebaut und somit endlich selbstfahrend.
Mit der Truppenordnung 36 wurde die Schweizer Armee in weiten Teilen umstrukturiert, die Zahl der Divisionen wurde erhöht. Die Funker-Abteilung musste nun eine fast doppelte Anzahl von Stäben von Heereseinheiten und Truppenkörpern versorgen, die Zahl der Funker-Kompanien wurde von 3 auf 6 erhöht. Im Gegensatz zur drahtgebundenen Übermittlung wurden die Funkmittel auch in der Truppenordnung 36 weiterhin nicht direkt den Heereneinheiten eingegliedert. 1938 wurde von der Generalstabsabteilung und der Abteilung Genie mit den Abteilungen für Infanterie, Leichte Truppen und den Fliegertruppen die Zukunft des Ausbaus der drahtlosen Kommunikation. Mit der Begründung der Einheitlichkeit der Ausbildung wurde den anderen Truppengattungen zunächst die Ausbildungskompetenz in funktechnischen Belangen abgesprochen. Da die bisherige Struktur die Übermittlungsbedürfnisse der Fligertruppen nicht zu befriedigen vermochte, wurden die Übermittlungsdienste der Flieger-/Flabtruppen vom Genie abgelöst, die Flieger erhielten den bis dahin ungenutzten Frequenzbereich von 50 - 25 m (6 - 12 MHz) zugeteilt und nahmen sich in der Folge das Recht, ihr Kommunikationsgerät selbständig zu beschaffen. Um die übergeordnete Koordination wieder in die Hände zu bekommen, musste der Generalstab 1944 die Funkplanungskommission einsetzen.
Mit der Zuteilung von entprechendem Personal in die Funkerkompanien der Divisionen und Brigaden, der Erarbeitung von Technischen Reglementen als gemeinsame Arbeitsgrundlagen (ab 1943) und dem Aufbau einer Reihe von Basiswerkstätten anstelle eines einzigen Zeughauses mit einer funktechnischen Reparaturwerkstätte 1942 wurde die Umstrukturierung umgesetzt.
FOX, REX, LUX, FIX
Mit der Truppenordnung 47 wurde die Reorganisation der drahtlosen Übermittlung von 1944 auch auf dem Papier endgültig vollzogen: der Sollbestand umfasste nun 32 Funkerkompanien in den Divisionen und Brigaden, der zentralen Armeeleitung, dem Abhorch- und Peildienst, den Flieger- und Festungstruppen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden amerikanische VHF-Truppenfunkgeräte aus U.S.Surplus in grossen Mengen preisgünstig verfügbar; die gereichte den Schweizer Firmen mit ihren vergleichsweise teuren Eigenentwicklungen wie den VHF-Funkgeräten MAX, K-Dm zum Nachteil.
Das amerikanische Handfunkgerät BC-611 kam als FOX in die Hand des Soldaten auf Zugs- und Truppniveau, zur Bedienung brauchte es keine technischen Fähigkeiten mehr. Weil die Entwicklung des VHF-Funkgeräts LUX von Zellweger nicht vorankam, konnte sich Autophon mit dem AM-Gerät SE-101 und dem erfolgreichen frequenzmodulierten Gerät SE-206 positionieren. Die Hand- und Tornisterfunkgeräte gelangten zunehmend in den eigenen Verantwortungsbereich der Truppengattungen der Anwender. Der Führungsfunkverkehr verblieb weiterhin unter der Verantwortung der Übermittlungstruppe.
Mit Beschluss der Bundesversammlung vom 26. Okt. 1950 wurde per 1. Januar 1951 die Abteilung für Übermittlungstruppen des Eidgen. Militärdepartements gschaffen, die Übermittlungstruppen hatten sich definitiv aus der Abteilung für Genie losgelöst und emanzipiert.
nach Loslösung 1951
Ab dem 1.1.1951 mit der Loslösung der Übermittlungstruppen aus der Abteilung für Genie verfügten die Genietruppen ähnlich wie die Infanterie oder Artillerie nur noch über Übermittlungsmittel für den Kommandofunk innerhalb der eigenen Genie Batallione, in Form eines Übermittlungszugs in der Stabskompanie des Genie Batallions.
SE-206/7 (SE-407)
Im Gegensatz zu Zellweger kam Autophon mit der Entwicklung ihres frequenzmodulierten VHF-Funkgeräts zügig voran. Dank der Technologie der Quarztrommel konnte eine wesentlich grössere Anzahl von Kanälen direkt ohne die Notwendigkeit des Einsetzen von Schwingquarzen und Vorabstimmung geschaltet werden. Da die Geräte sich als robust und betriebssicher erwiesen, wurde die Familie SE-206/9 1957/9 beschafft und wurde zum „Workhorse“ auch in den Genieeinheiten.
SE-125, SE-227 (SE-412)
Mit der Beschaffung des amerikanischen Schützenpanzers M116 (Spz 63) gelangte die Schweizer Armee in Besitz des amerikanischen Funkgeräts VRC-12, das in den Fahrzeugen verbaut war. Die Entwicklung des ab 1966 geplanten SE-225 („Projekt Peter“) zog sich so sehr in die Länge, dass als Provisorium das amerikanische VHF-Funkgerät PRC-77 beschafft und als SE-227 im Jahr 1971 eingeführt wurde. Aus dem Provisorium wurde ein Providurium, das SE-227 hat zusammen mit dem SE-412 über Jahrzehnte und mehrere Soldatengenerationen den Grossteil des taktischen Funkverkehrs bewerkstelligen müssen; die letzte Tranche des „Vietnamfunkgeräts“ wurde 1990 beschafft. Über lange Jahre war an verschlüsselten Funkverkehr nicht zu denken, die Kommandanten mussten sich regelmässig in „Führungsfunkkursen“ in der Gerätebedienung und der „verschleierten Sprache“ üben, der Umgang mit Codelisten war Alltag in den Infanterieeinheiten. Die Situation entspannte sich mit der Einführung der Sprachverschlüsselung mittels SVZ-B im Jahr 1984, als endlich am Funk Klartext gesprochen werden konnte. Aus diesem Grund blieb das SE-227 bis 2003 im Truppeneinsatz.
Im taktischen Rahmen noch verbreiteter war nur das Autophon-Handsprechfunkgerät SE-125 dass im Kompanierahmen, für Schiessverbindungen und alle anderen möglichen Zwecke zum Einsatz kam. Auch SE-125 - Verbindungen waren unverschlüsselt und die Kommunikation musste mit Codelisten verschleiert werden. Die Funkpolizei beobachtete mit ihren VHF-Überwachungsempfängern die militärischen VHF-Frequenzen und schritt bei Verletzung der Funkdisziplin direkt oder mit einem Rapport über den Vorgesetzten ein.
SE-135, SE-235
Mit den modernen Sprechfunkgeräten mit integrierter Sprachverschlüsselung war es mit der Benutzung der „Codierten Sprache“ vorbei und die Gesprächsteilnehmer konnten endlich im Klartext kommunizieren; einzig der Umgang mit Schlüssellisten und Gerätecodierung erfordert noch sorgfältigen Umgang.
Reglemente
- Funkerreglement, Vorschriften für Verkehrsstationen, 1919
- Funkerreglement, Stellungsbezug und Verkehrsvorschriften, 1930
- Prov Instruktion für die Tragbar Leichte Funkenstation, 1935
- Funkerreglement I, prov Ausgabe 1939
- Vorschriften für den Bodenfunkverkehr aller Waffen, 1942
- Verkehrsvorschriften für den Bodenfunkverkehr aller Waffen, 1951
- Merkblätter über den Übermittlungsdienst der Genietruppen, Abt für Genie, 1963