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SE-227
Funkgerät SE-227, amerikanische Originalbezeichnung AN/PRC-77; hergestellt von zahleichen Vertragsfirmen der Associated Industries.
Parallel zum frequenzmodulierten VHF-Sprechfunkgerät SE-412 wurde das im gleichen militärischen Sprechfunkband arbeitende portable Sprechfunkgerät SE-227 eingeführt, das Gerät amerikanischer Provenienz wurde im NATO-Bereich unter der Bezeichnung PRC-77 weitverbreitet eingesetzt.
Technische Daten
- Frequenzbereich: 30-52,95 (A-Band) und 53-75,95 MHz (B-Band), 920 schaltbare Kanäle mit einem Kanalabstand von 50 kHz
- Sendeleistung: 1 - 3 Watt
Stromversorgung
- Akku / Batteriebetrieb: 15 V Spezialbatterie ALN 6135-265-2152 oder Battery Holder BH-386/PRC mit zehn UM-2 Batterien
- Speisegerät: 24 V (mit Wandler 12 V) via Fahrzeugspeisegerät OA-3633
Dimensionen
- 280 x 102 x 230 mm, 11.7 kg
Zubehör
- Als Standardantennen kamen die AT-892 Marschantenne (Bandantenne, 90 cm Länge), AT-271A Hochantenne (Rutenantenne, 3 m) resp. AS-1729/VRC Fahrzeugantenne (Rutenantenne, 3 m) zum Einsatz.
- Zum Fahrtbetrieb wird die Fahrzeugantenne AS-1729 auf einem Sockel am Fahrzeug montiert, die Abstimmung geschieht mit dem automatischen Antennenabstimmgerät MX-6707 elektromechanisch.
- Die Leichte Fahrzeugantenne LFZA-75 wurde beispielsweise auf Requisitionsfahrzeugen montiert. Die 1,45 m lange Stanatenne musste manuell mit einem kleinen Kästchen am Antennenfuss abgestimmt werden.
- Alternativ konnte eine Groundplane Fernantenne FA-227/412 mit einem 2,45 m hohen Strahler auf einem 4 m hohen Steckmast errichtet werden. Das Fernantennenmaterial ist in einer 110 x 200 x 12 mm messenden und 9.1 kg schweren Segeltuchtasche verstaut.
- Die Relaisausrüstung CW-502/GRC besteht aus einem in einer Segeltuchtasche verstauten 15 m langen Kabel CX-4656A/GRC mit antsprechenden Multipolsteckern und Anschlusskästchen zur Verbindung von zwei SE-227 zur Bildung eines Relais.
- Zur Fernbesprechung des SE-227 war ein Mikrophon- Verlängerungskabel MVK-227 in einer Segeltuchtasche verfügbar; damit konnte das SE-227 mit dem Mikrotel aus einer Deckung heraus besprochen werden.
- Zur Fernbedienung des SE-227, beispielsweise aus einem geschützten Unterstand heraus, dient die Fernbesprechungsausrüstung FBA SE-227/412. Das Ortsbetriebsgerät, welches mit dem SE-227 AUDIO-Eingang verbunden wird, und das Fernbetriebsgerät, werden mit einer üblichen zweiadrigen Feldtelephonleitung verbunden.
- Zum SE-227 gibt es einen Einbausatz mit allen zum Einbau in ein Geländefahrzeug Pinzgauer notwendigen Zubehörteilen, eine grosse Kiste beschriftet mit Einbaumaterial SE-227.
- Mit dem Einbausatz EA-227/12V konnte die Funkanlage auf dem Willys Jeep mit 12 Bordspannung installiert werden, Antennensockel und Spannungswandler sind in einer Segeltuchtasche untergebracht.
- In Kisten Tech Reserve SE-227 wurden komplette SE-227 zum raschen Ersatz im Reparaturfall bereitgehalten.
- In der Kiste RES- UND REP MAT SE-227 fanden die Übermittlungsgerätemechaniker die benötigten Ersatzteile zur Instandstellung der Funkgeräte.
Bedienung
Der volltransistorisierte Sendeempfänger kann als Tornistergerät, als Fahrzeuggerät oder auch fernbetrieben oder als Relais eingesetzt werden. Die in der Schweizer Armee unter der Bezeichnung SE-227 eingesetzte Version ist mit einem Tragreff mit einer Zubehörtasche (mit Mikrotelephon, Antennenmaterial, Lärmsprechgarnitur, Antennenprüflampe) ausgestattet, das auch Platz für eine Ersatzbatterie bietet.
Das Gerät deckt den militärischen VHF-Bereich in zwei Bändern (30 - 52,95 und 53 - 75,95 MHz) in 50 kHz Schritten ab, im FM - Telephoniebetrieb beträgt die Sendeleistung 1 - 3 Watt, mit der 90 cm langen Metallband - Marschantenne reicht dies aus um Distanzen bis 3 km und mit der 3 m langen Hoch- oder Fahrzeugantenne bis zu 12 km zu überbrücken.
Als Tornistergerät wird das SE-227 mit einer 15V Trockenbatterie gespiesen die im üblichen Betrieb 40 h durchhalten sollte; das Speisegerät OA-3633 erlaubt Speisung von einer 24V- und mittels Spannungswandler auch von einer 12V- Fahrzeugbatterie aus und ist auch mit einem NF-Verstärker und Lautsprecher ausgerüstet.
Auf der Frontplatte finden sich links die Fremdspannungsbuchse und der Antennenanschluss für die Marschantenne und eine zweite Buchse für einen 50 Ohm - Koaxausgang.
Zunächst muss entsprechend der Sendefrequenz das Band A (30-52 MHz) resp. B (53-75 MHz) mit dem Umschalter auf der linken Seite der Front gewählt werden. In der Mitte dienen zwei Drehregler zur Frequenz- / resp. Kanalwahl, die Frequenz wird mechanisch digital angezeigt. Zwei Sprechkanäle können mechanisch voreingestellt werden, da die Prozedur für in unterschiedlichen Bändern liegende Frequenzen etwas unterschiedlich gehandhabt werden muss, ist das entsprechende Reglement zu Rate zu ziehen.
Rechts unter den Anschlüssen für das Mikrotel (AUDIO) ist der Lautstärkeregler und darunter der Betriebsschalter angeordnet. In Stellung SQUELCH ist ein durch ein im Subaudiobereich gelegenes und ausgefiltertes (und für den Benutzer somit unhörbares) 150 Hz-Signal gesteuerter Tonfrequenzsquelch aktiv, RETRANS aktiviert den Relaisbetrieb und LITE zusätzlich die Skalenbeleuchtung.
Technischer Aufbau
Zum Empfangsbetrieb durchläuft das Signal nach der Antennenanpassung und dem Antennenrelais zur Sende-Empfangsumschaltung zwei HF-Verstärkerstufen und wird in der Mischstufe mit dem Signal des zwischen 41.5 und 64.45 MHz schwingenden Empfangsoszillators auf die ZF von 11,5 MHz umgesetzt. Nach fünf ZF-Verstärkerstufen gelangt das Signal zum Limiter (zur Ausfilterung unerwünschter AM-Anteile) und wird im Diskriminator demoduliert, um über einen NF-Verstärker an den Kopfhörerausgang zu gelangen. Der 150 Hz-Squelch öffnet den Empfangszweig automatisch, wenn ein Subaudio- 150 Hz-Squelchton mitübertragen wird.
Im Sendebetrieb wird das NF-Signal vom Mikrophon gefiltert und verstärkt, alternativ das Signal vom Breitbandeingang (für Verschlüsselungsbetrieb) und den 150 Hz-Squelch vom Pilottonoszillator zugefügt, und gelangt auf die Modulatorstufe. Hier wird das 11,5 MHz-Signal moduliert und über einen Pufferverstärker der Sendemischstufe zugeführt. Hier findet die Mischung mit dem Signal des Empfangsoszillators statt, um das definitive Sendesignal entstehen zu lassen. Das Signal wird der Treiberstufe und der Sende-Endstufe zugeführt, über das Sende-Empfangsrelais und die teils automatisch wirkende Antennenanpassung gelangt es zur Antenne.
Das Geräteinnere ist nach Lösen der vier Schrauben, welche von unten her im Bereich der Tragebügel zur Front führen, zugänglich, das Gehäuse kann wie eine Haube abgehoben werden.
Nach Lösen von drei schwarz markierten Schrauben lässte sich die obere Platine zur Seite klappen und gibt den Zugang zum Chassis frei.
Das Gerät ist zur Vereinfachung von Reparaturen modular aufgebaut.
Röhrenbestückung
Das Funkgerät ist vollständig mit Halbleitern bestückt („Solid State“).
Entwicklung
Das U.S.-amerikanische frequenzmodulierte FM-Sprechfunkgerät AN/PRC-8/-9/-10, eingeführt in den US-Einheiten im Jahre 1951 und in weitem Einsatz im Koreakrieg, wurde 1962 vom AN/PRC-25 abgelöst. Dieses transistorisierte Tornisterfunkgerät war wesentlich leichter, als der röhrenbestückte Vorgänger, es kamen aber in der Sendeendstufe noch zwei Röhren 2DF4 zum Einsatz. Ende der Sechzigerjahre wurde das Gerät mit einer Solid State - Endstufe verfügbar und in dieser Version als Tornisterfunkgerät („Manpack“) als Übergangslösung von der Schweizer Armee als SE-227 beschafft. Mit den Geräten konnte problemlos mit der U.S.Fahrzeugstation AN/VRC-12 resp. SE-412 kommuniziert werden.
Eigentlich war die Ablösung der röhrenbestückten Funkgeräte SE-206/9 durch das ab 1966 in Entwicklung befindliche neue SE-225 („Projekt Peter“) geplant gewesen. Dessen Entwicklung zog sich aufgrund des Übergangs zur Transistortechnik, neuen Herausforderungen durch Einführung der Kanalbündeltechnik und integrierter Sprachverschleierung in die Länge, so dass als kurzfristige Übergangslösung zur Deckung des Truppenbedarfs das „Vietnam-Funkgerät“ PRC-77 beschafft wurde. Diese Massnahme war eines der langanhaltendsten Provisorien in der Geschichte der Schweizer Übermittlungstruppen, wurden doch ab der Einführung ca. 1968 bis 1990 vom Typ AN/PRC-77 12243 Stück beschafft.
Das System des Manpack-Funkgeräts SE-227 wurde mit dem OA-3633/GRC Power Supply / Mounting Tray, einem Montagerahmen mit eingebautem Speisegerät und Lautsprecher zum Einsatz als Fahrzeugstation (U.S.-Bezeichnung AN/VRC-64) und zum fixen Einsatz erweitert.
Zu dem Gerät, zu welchem bereits bei der Einführung der Anschluss eines Sprachverschlüsselungsgerät vorgesehen war, wurde 1984 das SVZ-B, der digitale „Sprachverschlüsselungszusatz Breitband“ nachgerüstet. Bis dahin musste in der Schweizer Armee unverschlüsselt gefunkt werden, es wurde mit Gefechtscodes und „verschleierter Sprache“ gearbeitet.
Einsatz
Das SE-227 war in unterschiedlichen Versionen von 1971 bis 2003 im Truppeneinsatz und bildete somit über 30 Jahre das Rückgrat des taktischen Führungsfunks der Schweizer Armee. Mit dem Nachteil, dass bis zur Einführung des „klassifizierten“ SVZ-B ab 1984 nur unverschlüsselt gefunkt werden konnte, war das SE-227 trotzdem als Tornister- und Fahrzeugversion bei den Truppen der Infanterie verbreitet im Einsatz.
Die Geräte wurden im taktischen Führungsfunk und für technische und Dienstverbindungen im Rahmen der Divisionen, Batallione, Kompanien bis hinab auf Stufe Zug verbreitet eingesetzt. Zur Bedienung wurde den „grünen Einheiten“ jeweils ein von den „Silbergrauen“ ausgebildeter Übermittlungssoldat abgestellt.
Zwischen 2002 und 2007 wurden die Geräte liquidiert und wurden teils demilitarisiert (da ein Einsatz zur Kommunikation im militärischen VHF-Band Zivilen nicht gestattet ist, wurde das Sende-Empfangsrelais entfernt) an Sammler abgegeben.
Technische Unterlagen
- Technical Manual for Radio Set AN/PRC-77 / TM-11-5820-667-34P
- Einbauvorschriften für Funkanlage SE-227
- Ersatzteilkatalog Funkanlage SE-227, 1991, ALN 600-7003