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Zellweger AG, Uster

Die Firma Zellweger ging aus einer 1975 gegründeten Gesellschaft für Telegraphenapparate hervor. Mit ersten Detektorempfängern und der Lieferung von Feldtelephonen in den Zwanzigerjahren konnte die Zellweger AG mit der K-Station ein erstes militärisches Funkgerät liefern, dem bis in die Achzigerjahre zahlreiche weitere militärische Funkgeräte folgten.

Firmengeschichte

Im Jahre 1874 gründete der Mechaniker Jakob Kuhn (1945 - 1893) gemeinsam mit Jakob Wolfensperger von Wetzikon eine „Lufttelegraphen - Werkstätte“, im Namen wurde darauf Bezug genommen, dass die Telegraphiesignale über Drähte durch die Luft geleitet wurden. Am 4.10.1875 erwarb J. Kuhn die Liegenschaft Florastrasse 202 (heute 8) welche später erster Firmenstandort der Zellweger AG, Uster werden sollte, weshalb die Firma in ihrer Jubiläumsschrift 1875 als Gründungsjahr angibt.

Nach dem Tod von Wolfensperger 1879 firmierte der Betrieb als „J. Kuhn in Uster, Fabrikation von elektrischen und pneumatischen Sonnerien, 1880 wurde W. Ehrenberg als Associé aufgenommen und die Firma in „Kuhn & Ehrenberg in Uster, Telegraphen - Werkstätte“ umbenannt.

Im Juni 1880 schied Kuhn als Teilhaber aus, als neuer Gesellschafter wurde Ludwig Alfred Zellweger von Trogen ins Handelsregister eingetragen. In der „Fabrik für elektrische Apparate von A. Zellweger und W. Ehrenberg in Uster“ bleibt J. Kuhn vorerst als Werkmeister mit Prokura angestellt. 1882 trat Kuhn aus der Gesellschaft aus und gründete seinen eigenen Betrieb, über den nach seinem Tode 1893 der Konkurs verhängt wurde.
Nachdem die Fabrikation 1882 an die Neuwiesen / Bahnstrasse in Uster verlegt worden war und der Umfang stetig zunahm, fielen die Fabrikräumlichkeiten 1925 einem Brand zum Opfer, die Produktion wurde in die Gebäude der ehemaligen Spinnerei Kunz in Niederuster verlegt. Später konnte zusätzlich das Fabrikationsgebäude der ehem. Turicum Automobilwerke in Niederuster bezogen werden und es kamen weitere Gebäude dazu am Firmenstandort dazu.

Alfred Zellweger wurde am 5.9.1855 in Trogen geboren, von der Bedeutung seiner Vorfahren als Landammänner und international tätige Textilfabrikanten spricht die ganze Reihe „Zellweger - Häuser“, die den denkmalgeschützten Landsgemeindeplatz von Trogen umgeben.
Nach der Kantonsschule Trogen wechselte der bereits damals von der Elektrizität faszinierte Alfred Zellweger zur Telegraphen-Fabrik Matthias Hipp nach Neuenburg und besuchte 1874 - 1877 das eidgenössische Polytechnikum in Zürich, die heutige ETH. Den Militärdienst absolvierte er bei den „Feuerwerkern“, der Artillerie. In Studienaufenthalten in Paris und London vervollkommnete Zellweger zum einen seine Sprachkenntnisse, zum andern die Kenntnisse und Fertigkeiten auf dem Gebiet der Elektrizität.
Unterstützt von seinem Vater und Freunden brachte Zellweger den Betrag von 10'000.- Fr. in die neue Firma ein, am 30. Juni 1880 wurde der Kaufvertrag der Firma Kuhn & Ehrenberg abgeschlossen. A. Zellweger stand der neugegründeten Firma als Geldgeber und Entwickler vor, während Ehrenberg sich vornehmlich um die Verkaufsseite kümmerte.
1886 heiratete A. Zellweger Hermine Krüsi von Heiden, 1891 entstand vor dem Fabrikgebäude an der Bahnstrasse 1460 (heute 11) die Villa Elektra als Wohnhaus.
1916 verstarb A. Zellweger relativ unerwartet an einem Magenleiden im Alter von 61 Jahren.
Nach dem Tod des Patrons und des älteren Sohne 1918 wurde eine Kommanditgesellschaft gegründet, die „Zellweger & Cie.“, 1918 wurde Hans Bissig, Prokurist beim Elektrostahlwerk Fischer (heute +GF+), als Leiter eingestellt, er wurde Direktor der am 1.7.1918 gegründeten Zellweger AG. Nach Jahren schwierigen Geschäftsgang verkauften die Geschwister Zellweger ihre Anteile, die Firma wurde 1929 im Rahmen einer Aktienkapitalerhöhung in „Apparate- & Maschinenfabrik Uster, vormals Zellweger AG“ umbenannt, aufgrund geringen Echos bei der Kundschaft und Verwechslungsmöglichkeiten kehrte man 1946 zur Bezeichnung „Zellweger AG, Apparate- und Maschinenfabriken Uster“ und 1973 zur vereinfachten Bezeichnung „Zellweger Uster AG“ zurück.

Bereits 1881 konnte „Zellweger & Ehrenberg“ Telephonapparate und -anlagen an die Eidgenössische Telegraphendirektion in Bern liefern, zum andern entwickelte sich die Sonnerie und elektrische Beleuchtung weiter. Mit zunehmendem Platzbedarf erwarb die Gesellschaft die Geschäftsräume Hiestand an der Neuwiesenstrasse 10 in Uster in verlegte den Firmensitz 1882/3 dorthin.
An der Landesausstellung von 1883 auf dem Platzspitz in Zürich war „Zellweger & Ehrenberg“ mit einem der grössten Angebot vertreten. 1896/97 konnte Zellweger die Stromversorgung für die Stadt Uster mit einem Gastkraftwerk realisieren
Neben Sonnerie- & Telephonanlagen liess Zellweger 1917 die elektrische Kaffeemühle „Perl“ patentieren, welche jahrelang im Angebot blieb. Neben handvermittelten Hauszentralen produzierte Zellweger grosse Telephonvermittlungen.
Mit der finanziellen Beteiligung des Textilindustriellen Jakob Heusser-Staub 1918 begann die lange Beziehung der Zellweger AG mit der Textilindustrie, mit Mess- und Garnprüfgeräten, Garnreinigungsanlagen und Steuerungs- und Überwachungsanlagen für die Textilindustrie erlangte die Zellweger AG Weltruf.
Mit einer Marconi - Lizenz begann 1923 die Produktion von Radio-Empfängern, 1925 konnte die Armee mit dem F-Telephon beliefert werden. Die K-Station war 1936 die erste militärische (tragbare) Kleinfunkstation aus dem Hause Zellweger, später folgten zahlreiche Truppenfunkstationen, welche bei vielen Übermittlern und auch bei Funkamateuren, welche die legendären Stationen „nachnutzten“, den Ruf von Zellweger Uster als Hersteller zementierten

Nach den portablen K- und P-Stationen entwickelte Zellweger 1940/1 die Funkstation FL40 ("Fahrbar Leicht") mit dem auch separat eingesetzten „Allwellenempfänger Uster“ (E41), die legendäre SSB-Kurzwellenstation SE-222, die schwere Funkfernschreibstation SE-415 und zuletzt die Funkstation SE-430 und die Rundspruchanlage S-510 / E-646, dieses Gerät wurde zum letzten Kurzwellenempfänger aus Schweizer Produktion.
Ein spezielles „Nischenprodukt“ aus der Präzisionsmechanikabteilung war die Schweizer Weiterentwicklung der Chiffriermaschine „Enigma“, die “Nema„, die „NEue MAschine“ („TD“). Zellweger fertigte immer wieder Nischenprodukte, so dass die Produktion der „Nema“ lange Zeit relativ geheim gehalten werden konnte, nur wenige wussten Bescheid, dass in einer geschützen Anlage die Walzen der Chiffriermaschine nach geheimem Schema verdrahtet wurden.

Über die Meilensteine der „USTER“ Geräte in der Textilindustrie (Garnprüf- und Reinigungsanlagen) muss ich auf andere Quellen verweisen, weitere Geschäftszweige waren Steuerungs- und Kontrollsysteme für die Textilindustrie und auch Rundsteuerungsanlagen.
Ein spezielles Gebiet ist auch die Verkehrselektronik, von Zellweger stammten nicht nur die orangefarbigen Notrufsäulen an den Schweizer Autobahnen, sondern auch „technologisch fortschrittlichste“ Radar - Geschwindigkeitsmessanlagen, in Form des Bilds von einem „Blechpolizisten“ haben viele unfreiwillig Kontakt mit einem Produkt von Zellweger Uster gehabt.
Inzwischen wurde der Konzern mit seinen Niederlassungen in fast allen Kontinenten aufgeteilt, aus der Zellweger Luwa - Gruppe ging 2003 durch ein Management Buyout die Uster Technologies AG hervor, die unverändert im Textilindustriebereich aktiv ist.

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