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de:se-412

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de:se-412 [2022/12/11 12:00] (aktuell) – [Technische Unterlagen] mboesch
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 +====== SE-412 ======
 +**Sprechfunkstation SE-412**, **VRC-12** resp. **VRC-46**; Transceiver **RT-524A** hergestellt von [[Associated Industries]].
  
 +Ende der Sechzigerjahre wurden mit dem Kauf des amerikanischen Schützenpanzers M113 zwei aus U.S.-amerikanischer Produktion stammende VHF-Sprechfunkgeräte eingeführt: das Tornistergerät [[SE-227]] und das als Mobilgerät auf Fahrzeugen eingesetzte im gleichen militärischen Frequenzband arbeitende **SE-412**, in der U.S. Army war das Gerät als **VRC-12** (mit Zusatzempfänger) resp. **VRC-46** weitverbreitet. Die U.S.-Bezeichnung des Sendeempfängers lautet RT-524A.
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 +Weil das Schweizer VHF-Funkgerät [[SE-225]] noch jahrelang nicht zur Serienreife entwickelt war, wurden in verschiedenen Tranchen eine grosse Menge AN/VRC-12 angeschafft, welche als **SE-412** das Rückgrat der militärischen Fahrzeug - Funkgeräteflotte bildete. Abhörsicher wurde das System erst mit der Einführung der Echtzeitchiffrierung mit dem [[SVZ-B]] ab 1986, bis dahin musste mit Verschleierungslisten und codierter Sprache gearbeitet werden.
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 +Auch der Kampfpanzer 87 "Leopard II" wurde nochmals mit Geräten aus der [[SE-412/K|SE-412 - Familie]] ausgestattet, allerdings kam hier als [[SE-412/K]] die Version mit dem [[SE-412/K|RT-246]] zum Einsatz
 +
 +{{:images:se-412.jpg?direct&600|SE-412}}
 +===== Technische Daten =====
 +  * [[Prinzip]]: [[Sendeempfänger]] RT-524A, Empfängerbaustein: [[Einfachsuperhet]], [[ZF]]
 +  * [[Betriebsarten]]: [[F3|FM (F3)]]
 +  * [[Frequenzbereich]]: 30-52,95 und 53-75,95 MHz, 920 Kanäle mit einem Kanalabstand von 50 kHz
 +  * [[Empfindlichkeit]]: [[A3|AM (A3)]]  / [[Selektivität]]:
 +  * [[Sendeleistung]] [[F3]] 1-3 W (low power) / 35 W (high power)
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 +==== Stromversorgung ====
 +  * [[Netzbetrieb]]: nur mit Netzspeisegerät
 +  * [[Akku / Batteriebetrieb]]: 22 - 30 V DC (nominal 24 V Fahrzeugbatterie)
 +
 +==== Dimensionen ====
 +  *  381 x 152 x 330 mm, 26.4 kg
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 +==== Zubehör ====
 +  * Als Standardantenne wird meist eine AT-912 Rutenantenne mit dem automatischen Antennenabstimmgerät MX 2799 eingesetzt.
 +  * Alternativ konnte eine Groundplane **Fernantenne FA-227/412** mit einem 2,45 m hohen Strahler auf einem 4 m hohen Steckmast errichtet werden. Das Fernantennenmaterial ist in einer 110 x 200 x 12m mm messenden und 9.1 kg schweren Segeltuchtasche verstaut.
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 +  * im Fahrzeugen war ein **Bordverstärker** eingebaut, der als Bordverständigungsanlage diente.
 +  * an den **Monitor**-Kästchen im Fahrzeug konnte jedes Besatzungsmitglied wählen, welches Programm (Empfänger A, B oder C oder Gegensprechverkehr) auf dem Kopfhörer zu hören war.
 +  * mit dem **Relaisschaltgerät** konnten in den ABC-Installationen die beiden Sendeempfänger zu einer Relaisstation zusammengeschaltet werden.
 +  * an Endgeräten war der Einschluss eines Mikrotel **MT H-189** oder der **Lärmsprechgarnitur** mit Kopfhörer, Kehlkopfmikrophon und Sende- / Empfangsumschalter vorgesehen.
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 +  * Zur Fernbedienung des SE-412, beispielsweise aus einem geschützten Unterstand heraus, dient die **Fernbesprechungsausrüstung [[FBA SE-227/412]]**. Das Ortsbetriebsgerät, welches mit dem SE-412 AUDIO-Eingang verbunden wird, und das Fernbetriebsgerät, werden mit einer üblichen zweiadrigen Feldtelephonleitung verbunden.
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 +  * Erst mit dem 1986 eingeführten [[SVZ-B]] (Sprachverschlüsselungszusatz Breitband) wurde gesicherte Kommunikation dank Bitstrom - Echtzeitchiffrierung möglich.
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 +{{:images:se-412-front.jpg?direct&600|SE-412 Frontplatte}}
 +===== Bedienung =====
 +Das VHF-Sprechfunkgerät deckt den militärischen VHF-Bereich in zwei Bändern (30 - 52,95 und 53 - 75,95 MHz) in 50 kHz Schritten ab, die Sendeleistung ist im FM - Telephoniebetrieb umschaltbar, in Stellung POWER LOW wird mit 1 - 3 W eine Reichweite von ca. 5 km erreicht, in Stellung HIGH beträgt die Reichweite 20 - 30 km mit ca. 35 Watt Ausgangsleistung bei Verwendung der Rutenantenne.
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 +Auf der Frontplatte des **Sendeempfängers** finden sich links oben eine Lampe CALL, die bei Ansprechen des Squelch einen eingehenden Funkspruch signalisiert, daneben liegt der Bandschalter und gleich darunter die Frequenzwahlschalter für die MHz und die kHz-Stellen, die Arbeitsfrequenz wird mechanisch digital in einem kleinen Fensterchen angezeigt.
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 +In der linken unteren Frontplattenecke findet sich der SQUELCH - Schalter für die Rauschsperre: in der Betriebsart SQUELCH OLD wird der Empfänger durch ein eingehendes Signal lautgeschaltet, in Stellung NEW durch einen von einem andern SE-412 / 227 eingehenden 150 Hz - Ton, so dass diese Funktion nur zur Kommunikation mit Stationen aus der gleichen Gerätefamilie nutzbar ist. Gleich daneben liegt der Lautstärkregler.\\ 
 +Rechts neben der Kanal - Merktabelle finden sich der Skalenbeleuchtungs- und der Lautsprecherschalter, darunter der Hauptschalter, mit dem auch von niedriger auf volle Sendeleistung umgeschaltet wird.\\ 
 +Darunter in der Mitte der Frontplatte die Anschlüsse für Relaisbetrieb, das Mikrotel und die Ansteuerung des automatischen Antennenabstimmgeräts.\\ 
 +Zur Rechten findet sich oben die Antennenbuchse und darunter der mit einer schlagfesten Lochblende geschützte Gerätelautsprecher.
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 +Der **[[Zusatzempfänger]]** besteht im wesentlichen aus einem identisch aufgebauten Empfangsteil mit ähnlich verteilten Bedienelementen auf der Frontplatte. Mit dem Zusatzempfänger können beispielsweise Funksprüche von vorgesetzter Ebene aufgefangen werden, während auf einer zweiten Frequenz Transceivebetrieb innerhalb einer Stationsgruppe läuft.
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 +In **Kommandofahrzeugen** war die Funkstation in der Form SE-412ABC eingebaut: ein Sendeempfänger SE-412 (A) stellt die Verbindung zur übergeordneten Stelle sicher, mit einem zweiten (C) können unterstellte Truppenteile angesprochen werden, der Zusatzempfänger (B) dient zum Abhören eines weiteren Kanals.
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 +Als Zusatzausrüstung wurde auch in der Schweizer Armee zur Verständigung in Kettenfahrzeugen die Bord - Gegensprechanlage AM-1780/VRC eingesetzt. Um aus zwei SE-412 eine Relaisstation aufzubauen, gibt es ein Relaisschaltgerät C-2299/VRC.
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 +===== Technisches Prinzip =====
 +{{:images:se-412-block.jpg?direct&600|SE-412, Blocksschaltbild}}\\ 
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 +==== Röhrenbestückung ====
 +Das Gerät ist mit Halbleitern aufgebaut (Solid state).
 +==== Entwicklung ====
 +Das frequenzmodulierte VHF-Sprechfunkgerät war von der amerikanischen **Avco Corporation** entwickelt worden und wurde um 1963 bei der Truppe eingeführt. Mit der Beschaffung des amerikanischen Schützenpanzers [[https://de.wikipedia.org/wiki/M113|M113]], der als **Schützenpanzer 63** eingeführt wurde, gelangte die Schweizer Armee in Besitz der ersten VRC-12 Funkstationen, mit denen die Kettenfahrzeuge standardmässig geliefert wurden.
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 +Da sich die Entwicklung des [[SE-225]] im **Projekt Peter** über die Jahre in die Länge zog, wurde das Funkgerät weiterhin eingesetzt und löste in vielen Aufgabenbereichen als Universalgerät für den Führungsfunk die röhrenbestückten Geräte [[SE-206|SE-206/209]] und [[SE-407]]/[[SE-411|411]] ab.
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 +Aus dem Provisorium wurde ein **Providurium**: mit einer Einsatzspanne von 1963 - 2003 war das **SE-412** eines der am längsten eingesetzten Funkgeräte in der Schweizer Armee. Noch 1984 wurden bei der Beschaffung des Panzers Leopard II **[[SE-412/K|SE-412]]**-Funkgeräte (in der Version **[[SE-412/K|RT-246]]** mit Frequenzspeichertasten) neu eingebaut.
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 +==== Einsatz ====
 +{{ :images:se-412-montagerahmen-abc-b.jpg?direct&300|SE-412 ABC}}Die Sprechfunkstation **SE-412** kam in Panzerwagen und anderen militärischen Fahrzeugen verbreitet als Standardfunkgerät zum Einsatz. Es wurde im Führungsfunk und auch im Kommandofunk eingesetzt.
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 +Bei den Übermittlungstruppen war das SE-412 mobil im Kommandowagen Mowag und Kommandowagen Pinzgauer eingebaut, in der Regel als ABC-Version mit zwei Sendeempfängern und einem Zusatzempfänger.
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 +{{ :images:se-412-fix.jpg?direct&300|SE-412 halbstationär}}Des weiteren kam die Station SE-412 halb-stationär in Festungen und Kommandoposten zum Einsatz, für diesen Zweck war die Station in einem Stahlrrohrrahmen mit einem eingebauten Netzspeisegerät verfügbar.
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 +Da die Übermittlung mit dem [[SE-227]] und SE-412 unverschlüsselt erfolgte, mussten Generationen vom Kommandanten die Kunst der **verschleierten Sprache** erlernen. Mit Verschleierungslisten und verschiedenen Möglichkeiten, Koordination für den Gegner unlesbar durchzugeben, musste der Umstand überwunden werden, dass die Funkkommunikation unverschlüsselt erfolgt und vom Gegner jederzeit mitgehört werden kann.\\ 
 +Erst 1984 verbesserte sich die Situation mit der Einführung der Sprachverschlüsslung mit Einsatz des [[SVZ-B]], des Sprachverschlüsselungszusatzes B. Dieser war als geheim klassifiziert und die Geräte mussten ausserhalb des Einsatzes stets unter Verschluss aufbewahrt werden. Erst mit der Einführung des [[SE-225]] war dann Verschlüsslung integriert ins Funkgerät verfügbar.
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 +Die 11'600 beschafften Geräte blieben teils bis 2003 im Truppeneinsatz und wurden erst 2002/2007 liquidiert.
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 +{{gallery>:images?se-412*.jpg&0&80x80&lightbox&showtitle&titlesort}}
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 +===== Technische Unterlagen =====
 +  * {{ :manuals:se-412-funkstation.pdf |Die Funkstation SE-412, Regl. 58.143d, 1962}}
 +  * {{ :manuals:se-412-funksystem-se-412abc.pdf |Das Funksystem SE-412/ABC, Regl. 58.143d, 1990}}
 +  * {{ :manuals:se-412-mat-kontrolle.pdf |SE-412 Materialkontrolle}}
 +
 +==== Weitere Informationen ====
 +  * [[http://armyradio.ch/radio-d/se-412.htm|SE-412 auf www.armyradio.ch]]
 +  * [[https://www.hamfu.ch/de/geraete/geraet.php?id=105|SE-412 auf der Website der Hamfu]]
 +  * [[https://www.radiomuseum.org/r/military_funkstation_se_412se41.html|SE-412 auf der Website von www.radiomuseum.org]]