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de:se-206

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 +====== SE-206 ======
 +**Funkgerät SE-206** (Autophon TR94/6); hergestellt von [[Autophon|Autophon AG, Solothurn]].
  
 +In den fünfziger Jahren war eine rasche Modernisierung der Übermittlungsmittel der Schweizer Armee unumgänglich: Neben der aus den dreissiger Jahren datierenden Funkstation [[SE-210|TL]] (die von einer vier Mann umfassenden Patrouille geschleppt werden und so portablen Funkbetrieb möglich machen konnte) wurde vorwiegend amerikanisches WWII - Gerät aus Surplus - Beständen eingesetzt.
 +
 +{{:images:se-206.jpg?direct&600|}}
 +
 +{{ :images:se-206-frequenzbereiche.jpg?direct&200|Frequenzbereiche der Funkgeräte SE-206/09}} Die Funkstation SE-206/209 (je nach Truppengattung unterschiedlicher Frequenzbereich) wurde als tragbares Tornistergerät wie auch im Mobilbetrieb auf Fahrzeugen (vom Jeep bis hin zum VW-Bus oder Mowag) eingesetzt.
 +
 +^Bezeichnung^Autophon-Bez.^eingesetzt bei^Frequenzbereich^
 +|**[[SE-206]]**|(TR94/6)|Infanterie, leichte Trp, Genie, Fl Trp |34,0 - 42,5 MHz (86 Kanäle)|
 +|[[SE-207]]|(TR94/7) |Mech Trp, Genie |41,5 - 50 MHz (86 Kanäle)|
 +|[[SE-208]]|(TR94/8) |Artillerie, Str Pol |27,9 - 35 MHz (72 Kanäle)|
 +|[[SE-209]]|(TR94/9) |Ls Trp, Fest Art, Flab |23 - 28,8 MHz (60 Kanäle)|
 +
 +===== Technische Daten =====
 +  * [[Prinzip]]: [[Sendeempfänger]]; Empfänger: [[Doppelsuperhet]], [[ZF]] 10.7 - 11 / 1.65 MHz
 +  * [[Betriebsarten]]: [[F3|FM (F3)]]
 +  * [[Frequenzbereich]]: 34 - 42,5 MHz, 86 schaltbare Kanäle im Abstand von 100 kHz
 +  * [[Empfindlichkeit]]: [[F3|FM (F3)]]  / [[Selektivität]]: 
 +  * [[Sendeleistung]]: 0,6 W (Batteriebetrieb), 2,5 W (mit Speisegerät SG 94)
 +
 +==== Stromversorgung ====
 +{{ :images:se-206-handgenerator-hg94.jpg?direct&200|}}
 +  * [[Akku / Batteriebetrieb]]: zum portablen Betrieb der Röhrenstation wurden 1,5 V Heizbatterien ([[10001]]) und 250 V aus Anodenbatterien (entweder fünf Stück à 51 V ([[10051]]) oder zwei Stück à 103 V ([[10103]]) sowie eine Batterie 51 V ([[10051]])) benötigt. Die Sendeleistung im Batteriebetrieb beträgt 0,6 W. 
 +  * [[Hand- / Tretgenerator]]: Handgenerator [[G94]], Sendeleistung 1,7 W
 +  * [[Umformer]]: das [[Speisegerät]] [[SG94]] kann die notwendigen Heiz- und Betriebsspannungen aus dem Bordnetz eines Motorfahrzeugs generieren, es kann an Autobatterien von 6 V, 12 V und 24 V angeschlossen werden. Die Sendeleistung  erreicht beim Betrieb mit dem Speisegerät 2,5 W.
 +{{ :images:se-206-sg94.jpg?direct&200|}}
 +  * [[Netzbetrieb]]: über den Netztrafo [[NTS94]] konnte über Anschluss an das Speisegerät [[SG94]] die Station ausnahmsweise auch vom Wechselstromnetz betrieben werden.
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 +==== Dimensionen ====
 +  * Sendeempfänger **TR94** 237 x 91 x 345 mm, mitsamt dem Zubehörsack 416 x 248 x 185 mm; 11.3 kg
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 +==== Zubehör ====
 +{{ :images:se-208-fahrzeugbetrieb.jpg?direct&200|}}
 +  * Mikrotel **MT94** resp. alternativ bei lärmiger Umgebung Lärmgarnitur **LG94** mit Kopfhörern und Kehlkopfmikrophon.
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 +  * Als Standardantenne als Tornisterstation wird über einen Schwanenhals eine siebenteilige Teleskopantenne (Marschantenne, **MA94**) eingesetzt, Länge 2,3 m. 
 +  * Im Normalbetrieb wird die Station mit einem Antennenkabel an eine Hochantenne (**HAV94**) bestehend aus einem Sockel mit Anpasstranformator, Antennenverlängerung und aufgesetzter Marschantenne angeschlossen, totale Länge 3.8 m.
 +  * Im Fahrzeugbetrieb kommt die Fahrzeugantenne (**AV94**) zum Einsatz, auf einem Antennensockel am Fahrzeug wird je ein Antennensegment MS-116 und MS-117 montiert.
 +  * Für optimale Verbindungsqualität muss die Fernantenne **[[FA83]]** eingesetzt werden, das ganze Material mit Antennenstäben(3 Stäbe MS-116, ein Stab MS-117, ein Stab MS-118), Antennentransformator, dem Schraubzwingen-Antennenfuss und Abspannschnüren ist in einem Segeltuchsack untergebracht. Mit dem angespannten Stützmast von 3 m Höhe wird eine Gesamthöhe von 8 m erreicht.
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 +{{ :images:se-208-sh94-offen.jpg?direct&150|}} Als Zubehör ist zunächst das Speisegerät [[SG94]] zu erwähnen, ausgehend von einer Fahrzeugspannung von 6, 12 oder 24 Volt werden die notwendigen Heiz- & Anodenspannungen für den Sendeempfänger aufbereitet. Netzbetrieb ist mit einem externen Netztrafo möglich, der ans Speisegerät angeschlossen werden kann, im Speisegerät findet sich ebenfalls ein NF-Verstärker, der zum Betrieb des eingebauten Lautsprechers ausreicht. Mit dem SG 94 kann eine HF Ausgangsleistung von 2,5 W erreicht werden.
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 +Weiteres Zubehör sind der Handgenerator [[G94]], der die notwendigen drei Spannungen 1,5 V (Heizspannung), 51,5 und 103 V erzeugt, damit kann eine Ausgangsleistung von 1,7 Watt erreicht werden.
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 +Der Montagerahmen (**MR94**) für den Einsatz als Fahrzeugstation enthält als Untersatz zum Speisegerät noch eine Schublade für Ersatzteile und Werkzeug und kann mit Hilfe des Montagerahmengestells **MRG94** in einem Fahrzeug eingebaut werden. Im offenen Fahrzeug (Jeep) schützt eine Segeltuchhülle [[SH94]] die Funkanlage vor Witterungseinflüssen.
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 +{{ :images:se-206-fbg-94-1.jpg?direct&200|}} Das Fernbetriebsgerät **[[FBG-68]]** and der Fernbetriebsstelle und das **[[FBG94]]** an der Sendestelle erlauben den Fernbetrieb der Station über eine Maximaldistanz von 10 km über Feldtelephonleitungen. Für kürzere Distanzen konnte das Gerät mit dem 20 m langen Mikrophonverlängerungskabel etwas abgesetzt (beispielsweise aus einer Deckung resp. einem Unterstand aus, maximale Distanz 2 x 20 m) betrieben werden. Der Kommandopostenumschalter [[KPU94]] erlaubt den raschen Wechsel von einer Funkverbindung auf eine drahtgebundene Telefonverbindung, ohne die Lärmsprechgarnitur ausziehen zu müssen, mit einem grossen Sack Material kann die Fernantenne [[FA83]] errichtet werden.
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 +Mit dem Relaisverbindungskabel **RVK94** können zwei SE-206 zum Betrieb einer Relaisstation verbunden werden.
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 +Einen einfachen Test, ob das Funkgerät Strahlung abgibt, ist durch Einsatz der Antennenlampe, welche jedem Gerät beiliegt und direkt auf den Antennenausgang aufgeschraubt wird, von jedem Wehrmann durchführbar.
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 +Zusätzlich wurden für die Funkgerätefamilie SE-206/209 verschiedene Testgeräte entwickelt. Mit dem Batterieprüfgerät **[[BPG83]]** ist die Prüfung der 1,5 V - Heizbatterien möglich. Das Batterieprüfgerät **[[BPG94]]** erlaubt nicht nur die Prüfung der runden 1,5 V - Batterien, sondern auch der eckigen 51 resp. 101 V - Anodenbatterien. Das Eingrenzungsinstrument **[[EJ83]]** erlaubt die Kontrolle von acht verschiedenen wichtigen Spannungen am Funkgerät.
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 +Für aufwendigere Servicearbeiten gab es je nach Gerätetyp spezifische Testgeräte: Das Testgerät **[[T-105]]** dient dem Übermittlungsgerätemechaniker zur Durchführung der wichtigsten Kontrollen am Funkgerät, die Positionen 1-8 des Mess-Schalters entsprechen denen des Eingrenzungsinstruments EJ-83. Die Kunstantenne **[[KA83]]** erlaubt die Kontrolle im Sendebetrieb ohne Abstrahlung.
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 +{{:images:se-206-front-b.jpg?direct&600|}}
 +===== Bedienung =====
 +Der eigentliche Sendeempfänger **TR 94** steckt in einem olivgrünen Metallgehäuse im Längsformat, welche mit Elektronik (u.a. 17 Röhren und 26 Quarzen) vollgestopft ist, die Bedienelemente sitzen auf der Frontplatte.
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 +Der Sendeempfänger mit den Abmessung 237 x 91 mm und einer Tiefe von 345 mm bringt allein 11,3 kg auf die Waage. Huckepack ist ihm eine Zubehörtasche aufgeschnallt, in der das Mikrotel (Telephonhörer - ähnliche Mikrophon- / Hörer- Kombination), etc. Platz finden.
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 +Die Frontplatte verfügt im Dienste der Einfachheit kaum Bedienelemente oder Beschriftungen. Links finden sich der Anschluss für das Mikrotel und unten der Multipolkonnektor zur Verbindung mit dem Speisegerät, in der Mitte der griffige rastende Kanalwahlschalter mit der mechanischen Kanalanzeige (Ziffer : 10 geteilt ergibt die Frequenz in MHz), gleich links darunter der Einschalter kombiniert mit dem Squelch. Rechts der Sockel für die Telekopantenne.
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 +===== Technisches Prinzip =====
 +{{:images:se-206-block.jpg?direct&400|}}\\ 
 +Die Aufbereitung der **Sendefrequenz** entsteht durch Kombination der Frequenz des Hauptoszillators (der mit 22 Quarzen mit je einem Abstand von 400 kHz bestückt ist und auf 45 - 53,4 MHz schwingt) und des Modulationsoszillators (der mit 4 Quarzen im Bereich von 10,7 - 11 MHz schwingt).
 +
 +Die Mikrophonspannung wird in der Modulatorröhre V11 ([[5678]]) verstärkt und verändert den Innenwiderstand einer in Serie geschalteten Halbleiterdiode D5. Über den Kondensator C118 wird die Oszillatorfrequenz unterschiedlich an Masse gelegt, wodurch sich eine Frequenzmodulation des Oszillatorsignals ergibt.
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 +Die Frequenzaufbereitung erfolgt durch durch Mischung der Signale vom Modulationsoszillator V12 ([[1AD4]]), bei dem durch den Kanalschalter vier Quarze mit jeweils 100 kHz Abstand geschaltet werden und des Signals des Hauptoszillators V13 ([[1AD4]]). Dieser wird durch die 22 Quarze der berühmten Autophon - **Quarztrommel** gesteuert. Durch eine Weiterschaltung der Quarztrommel um eine Position zum nächsten Quarz mit 400 kHz Abstand in jeder vierten Raststellung des Kanalschalters können mit den 22 + 4 Quarzen 86 Kanäle gewählt werden.\\ 
 +Das bereits über C118 frequenzmodulierte Signal des Modulationsoszillators wird nun subtraktiv mit dem Signal des Hauptoszillators gemischt (V14 ([[1AD4]]), gelangt auf die Treiberstufe V15 ([[DL70]]) und auf die beiden Endstufenröhren V16 und V17 (jeweils [[3B4]]).
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 +Im **Empfangsbetrieb** wird das einkommende Signal nach einer ersten Verstärkerstufe (V1,[[1AD4]]) mit dem Signal des Hauptoszillators gemischt (V2, [[1AK4]]), womit sich die erste zwischen 10,7 und 11 MHz liegende ZF ergibt. Diese wird verstärkt (V3, [[1AK4]]) und mit dem Signal eines ZF-Oszillators (V4 [[1V6]], 12,65 - 12,35 MHz in 100 kHz - Abständen) gemischt und die erhaltene zweite ZF von 1,65 MHz in V5 - V7 ([[1AK4]], zwei [[5678]]) verstärkt. Nach Begrenzung in V8 ([[5678]]) wird diese im Diskriminator demoduliert und die NF nach einer weiteren Verstärkerstufe (V10, [[1AG4]]) dem Hörer zugeführt.
 +
 +==== Röhrenbestückung ====
 +V1 ([[1AD4]], HF-Vorstufe); V2 ([[1AK4]], Mischstufe, ZF 10,7-11 MHz); V3 ([[1AK4]], 1. ZF-Stufe 10,7 MHz); V4 ([[1V6]], ZF-Oszillator und 2. Misch-Stufe); V5 ([[1AK4]], 2. ZF-Stufe 1,65 MHz); V6 ([[5678]], 3. ZF-Stufe); V7 ([[5678]], 4. ZF-Stufe); V8 ([[5678]], Limiter); V9 ([[1AD4]], Automat. Frequenzkorrektur, Squelch); V10 ([[1AG4]], NF-Verstärker). V11 ([[5678]], Modulator); V12 ([[1AD4]], Modulationsoszillator); V13 ([[1AD4]], Hauptoszillator); V14 ([[1AD4]], Sendermischstufe); V15 ([[DL70]], Treiberstufe), V16 und V17 (jeweils [[3B4]], Senderendstufe). \\
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 +==== Entwicklung ====
 +{{:images:se-206-chassis.jpg?direct&400 |}}Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs zeigte sich, dass für taktische Verbindungen im frontnahen Bereich einfach zu bedienende Sprechfunkgeräte notwendig wurden. Zunächst behalf man sich wegen der Knappheit an Gräten aus eigener Produktion mit aus Surplus billig zu erwerbenden U.S.-Geräten. Mit dem [[SE-400|FIX, SCR-608]], hielt die Frequenzmodulation und Nutzung des VHF-Bereichs für den taktischen Funk auch in der Schweizer Armee ihren Einzug, die Sprechverständlichkeit war besser, unbeabsichtigte Ausbreitung durch Überreichweiten und auch entsprechende Störungen kam praktisch nicht mehr vor, dafür musste auch auf die Morsetelegraphie verzichtet werden.
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 +Als die amerikanischen Surplusgeräte altersbedingt unzuverlässig wurden und der Ersatzteilnachschub harzte, entschied man sich zur Entwicklung eines Schweizer VHF-Sprechfunkgeräts. Die Entwickung des [[SE-200|SE-200 (LUX)]] bei Zellweger zog sich in die Länge.
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 +Ab 1953 erging ein Entwicklungsauftrag für neues portables und mobiles Funkgerät zum Einsatz bei der Infanterie und mechanisierten Truppen an Zellweger und Autophon. 1954/5 konnte [[Autophon]] bereits mit zwei Prototypen des SE-206 aufwarten, die dank der Erfindung der "Quarztrommel" mit wenigen kostspieligen Steckquarzen auskam, bei der die Kanäle nicht mehr abgeglichen werden mussen und das sich durch eine robuste und kompakte Bauweise auszeichnete. [[Autophon]] erhielt den Zuschlag zum Bau einer ersten Tranche, die 1956/7 in die Truppenerprobung kam, wo das Gerät mit grosser Begeisterung aufgenommen wurde. Bis 1959 wurden 9'500 Geräte SE-206/9 und davon 2774 Stück der Version SE-206 hergestellt; die Kosten pro Gerät beliefen sich auf 3'000 bis 3'500.- Fr.
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 +==== Einsatz ====
 +{{ :images:se-206-mobil.jpg?direct&200|Tragbarer Einsatz des SE-206}} {{ :images:se-206-fahrzeug.jpg?direct&200|Einsatz SE-206 auf Fahrzeug}}
 +Das SE-206 wurde ans tragbares Tornisterfunkgerät oder Fahrzeugstation bei der Infanterie, den leichten Truppen (Radfahrer), dem Genie und den Fliegertruppen eingesetzt. Als übliche Reichweite wurden 5 - 20 km angegeben.
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 +{{gallery>::images?se-206*.jpg&0&80x80&lightbox&showtitle&titlesort}}
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 +===== Technische Unterlagen =====
 +  * {{ :manuals:se-206-209-regl-58-123d.pdf |Die Funkgeräte SE-206 / 207 / 208 / 209, Regl. 58.123d}}
 +  * {{ :manuals:se-206-209-service.pdf |Die Funkgeräte SE-206, SE-207, SE-208, SE-209, Anleitung für Uem Ger Mech, Regl. 65.503d}}
 +  * {{ :manuals:se-206-209-schema.pdf |Funkgeräte SE-206 / 207 / 208 / 209, Schema 12.7.1962, Autophon}}
 +  * {{ :manuals:kleinfunkstation-se-206-se-407.pdf |Die Kleinfunkstation SE-206 - Kommandofunkstation SE-407 - Unterhalt an den neuen Funkgeräten}}, Verlag W. Steiger, Bern
 +
 +==== Weitere Informationen ====
 +  * [[http://armyradio.ch/radio-d/se-206.htm|SE-206 auf www.armyradio.ch]]
 +  * [[https://www.hamfu.ch/de/geraete/geraet.php?id=96|SE-206 auf der Website der Hamfu]]
 +  * [[http://www.radiomuseum.org/r/autophon_se_206se20.html|SE-206 auf der Website von www.radiomuseum.org]]